Über VERA
Vera Hohleiter lebt und schreibt in Basel, wo sie u.a. als Co-Leiterin des Netzwerks lokal lesen tätig ist. In Berlin und Paris studierte sie Literaturwissenschaft, Politikwissenschaft und Geschichte und absolvierte an der Ewha-Frauenuniversität in Seoul ein Koreanischstudium. Als Journalistin arbeitete sie in Deutschland, der Schweiz, Südkorea und in den USA für Radio- und Fernsehsender, Print- und Online-Medien. In Südkorea ist sie für die populäre koreanische Fernsehshow Misuda bekannt. Zu ihren Veröffentlichungen zählen das erzählende Sachbuch Schlaflos in Seoul sowie zahlreiche Erzählungen in Literaturzeitschriften und Anthologien. Jenseits der Dinge ist ihr erster Roman.
VERA Hohleiter Im Interview
Was ist dein Bezug zu Korea und wie bist du nach Korea gekommen?
Ich habe als Studentin an einem Umweltschutzprojekt in Bundang, einer Satellitenstadt von Seoul, teilgenommen und habe dabei einen netten jungen Koreaner kennengelernt, mit dem ich inzwischen verheiratet bin. Meine Beziehung zu Korea ist also familiärer Natur. Ich habe dann knapp sechs Jahre in Seoul gelebt, habe dort zuerst Koreanisch gelernt und später für das koreanische Radio und Fernsehen gearbeitet. Die ganze Geschichte kann man in „Schlaflos in Seoul“ nachlesen.
Wie bist du zum koreanischen Fernsehen gekommen?
Ich bin an meiner Uni direkt einer Casting-Crew des Senders KBS vor die Kamera gelaufen. Damals wurden für eine Fernsehshow namens Misuda, oder wörtlich übersetzt: „Die tratschenden Schönheiten“, junge ausländische Frauen gesucht, die ein bisschen Koreanisch sprechen konnten und sich mit koreanischen Prominenten über die Kultur ihrer Herkunftsländer und über kulturelle Unterschiede zwischen Korea und ihren Herkunftsländern unterhalten konnten. Ich hatte damals sehr kurze Haare, wie Jean Seberg in dem Film „Außer Atem“, und weil es bis dahin in der Sendung noch keine Kurzhaarige gab, wurde ich sofort gecastet. Ich wurde also eigentlich nur engagiert, weil ich eine coole Frisur hatte. Auch diese Geschichte kann man in „Schlaflos in Seoul“ nachlesen.
Bist du K-Pop-Fan?
Eigentlich nicht. Es gibt einzelne Lieder oder Personen, die mich interessieren, aber ich höre eigentlich lieber K-Hip-Hop als K-Pop. Ich habe für K-Pop-Stars aber großen Respekt, weil ich weiß, wie hart sie arbeiten und wie viel Disziplin dafür nötig ist. Zu meiner Zeit beim koreanischen Fernsehen hatte ich viel mit K-Pop-Stars zu tun, deswegen kenne ich diese Welt sozusagen von innen.
Warum lebst du jetzt in der Schweiz und nicht mehr in Seoul?
Das Leben in Seoul kann ganz schön stressig sein und das ist auf Dauer sehr anstrengend. Deswegen habe ich mich auch viel mit Meditation und anderen Entspannungstechniken beschäftigt, was man meinem Roman „Jenseits der Dinge“ sehr anmerkt. Ich hatte in Seoul sehr viele Probleme – angefangen von der Arbeitssuche bis zum Visum – und meinem Mann ging es in Berlin dann ähnlich. Deswegen haben wir ein Land gesucht, in dem wir beide leben und arbeiten können und das neutrales Territorium ist, also nicht mein Land und auch nicht sein Land – und das war dann die Schweiz. Ich wollte auch unbedingt einen Hund haben und Seoul ist keine hundefreundliche Stadt.
Was für einen Hund hast du und wie heißt er?
Ich habe einen Jack-Russell-Terrier-Mischling namens Kiyoshi. Er ist ein ehemaliger Straßenhund aus Südspanien. Den japanischen Namen habe ich ihm gegeben, weil ich vor meiner Zeit in Korea einen Sommer lang als freiwillige Helferin in einem Tierheim in der Nähe von Osaka gearbeitet habe. Dort hieß mein Lieblingshund Kiyoshi. Das ist einfach ein japanischer Männername, aber ich wollte meinen spanischen Hund so nennen in Erinnerung an den japanischen Hund und auch weil ich eine Studie gelesen habe, dass für Hunde Wörter mit Zischlauten und einem „i“ am Ende am angenehmsten klingen.
Ansonsten kann ich nur ein Zitat von Audrey Hepburn wiederholen: „Wer sagt, dass man so exzentrisch sein muss wie sein Hund?“ Kiyoshi ist sehr intelligent und extrovertiert und hat insgesamt mehr „main character energy“ als ich. Auf Instagram hat er seinen eigenen Hashtag #buchhund. Manchmal hat er Jobs als Vorlesehund. Bei diesen Veranstaltungen können Kinder, die gerade lesen lernen, ihm vorlesen.
Schreibst du immer über Korea?
Eigentlich nicht. Ich schreibe über viele verschiedene Themen, aber die Texte, die zur Veröffentlichung ausgewählt wurden, haben fast immer mit Korea zu tun. Da scheint das Interesse am größten zu sein. Ich habe aber zum Beispiel einige Kurzgeschichten veröffentlicht, die keinen Koreabezug haben.